Thesen zur Prävention
Die 1995 von der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege e. V. herausgegebenen Thesen zur Prävention von Allergien bei Kindern und Jugendlichen, die so genannten "Frankfurter Thesen", wurden vom Aktionsbündnis Allergieprävention (abap) überarbeitet. Die aktualisierte Version wurde Ende Juni 2002 verabschiedet:
Allergische Erkrankungen gehören zu den großen Gesundheitsproblemen unserer Gesellschaft.
Die Voraussetzungen für eine Entwicklung allergischer Erkrankungen werden oft schon im Säuglings- und Kleinkindesalter gelegt. Noch sind nicht alle Faktoren, die die Entwicklung einer allergischen Sensibilisierung und Krankheitsentwicklung bestimmen, in ihrer Bedeutung richtig abzuschätzen, es besteht erheblicher Forschungsbedarf.
Die bisher gesicherten Erkenntnisse berechtigen zu folgenden Empfehlungen zur Prävention:
I Die Eltern in unserem Lande sollen erfahren, dass
1. es eine genetische Veranlagung (Disposition) für allergische Reaktionen gibt,
2. eine mütterliche Diät und eine spezielle Allergenkontaktvermeidung in der Schwangerschaft nicht sinnvoll sind,
3. möglichst ausschließliches Stillen bis zum sechsten Lebensmonat und die späte und schrittweise Zufütterung von Beikost im Säuglingsalter zu einer Verminderung allergischer Sensibilisierungen beitragen können,
4. ein tabakrauchfreies häusliches Umfeld das Risiko von Allergien und Atemwegserkrankungen vermindern hilft,
5. durch ein allergenarmes Wohnumfeld das Risiko für die Entstehung von Sensibilisierungen und Allergien reduziert werden kann und Maßnahmen zur Hausstaubmilbenreduktion sowie der Verzicht auf die Haltung von Haustieren für Familien mit begründetem Atopierisiko sinnvoll sind,
6. durch sachgerechte Hautpflege und durch Vermeidung irritierender oder häufig allergisierender Stoffe (z. B. nickelhaltiger Schmuck und Duftstoffe) der Entwicklung von Ekzemen vorgebeugt werden kann,
7. auch allergiegefährdete Kinder und Kinder mit allergischen Erkrankungen im erscheinungsfreien Intervall nach den Richtlinien der STIKO (Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut) geimpft werden sollen.
IIa Kinder und Jugendliche und deren Eltern haben Anspruch auf
Beratung zur Senkung des Allergierisikos.
IIb Kinder und Jugendliche mit Verdacht auf eine allergische Sensibilisierung haben einen Anspruch auf
1. die Möglichkeit einer individuellen Allergiediagnostik und -beratung durch allergologisch qualifizierte Ärzte,
2. ein gesundes Innenraumklima im häuslichen Bereich sowie in Kindergärten und Schulen,
3. qualifizierte allergologische Berufsberatung, auch außerhalb der derzeitigen gesetzlichen Regularien.
III Kinder und Jugendliche und ihre Familien, die von einer Allergieerkrankung mit chronischem Verlauf betroffen sind, haben Anspruch auf
1. qualifizierte ärztliche Information und Aufklärung,
2. qualifizierte Ernährungsberatung bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit,
3. Hilfe zum eigenverantwortlichen Umgang mit ihrer Erkrankung durch speziell ausgebildetes Personal (Schulungskurse), die über eine Bewältigung der chronischen Krankheit zu einer verbesserten Lebensqualität beiträgt,
4. eine zeitgemäße Therapie auch im Rahmen der Sekundär- und Tertiärprävention (einschließlich medikamentöser Therapie und Immuntherapie),
5. Wahrnehmung von Möglichkeiten der Rehabilitation, sowohl ambulant und wohnortnah als auch stationär (u. a. Asthma-, Neurodermitis-, Schwimm- und Sportgruppen, Schulrehabilitation),
6. Deklaration von allergenen Substanzen in Gegenständen des täglichen Gebrauchs und in Lebensmitteln.
IV Erzieher und Lehrer haben Anspruch auf
1. qualifizierte Information zum Umgang mit allergiekranken Kindern.
2. In der Prävention und Bewältigung von Allergien haben Selbsthilfegruppen eine bedeutende Aufgabe. Die Zusammenarbeit von Experten verschiedener Fachrichtungen und Selbsthilfegruppen ist unerlässlich.
3. Diese Ziele lassen sich nur verwirklichen, wenn die Qualifikation der Experten und der Versorgungsstruktur verbessert sowie allergologischer Sachverstand in die Entscheidungsgremien eingebracht wird.